Die Mitarbeitenden der Planung und Bau haben mit der neuen Pächterfamilie ein Interview geführt und sie zu ihrem Ankommen in Spreitenbach und ihren Zukunftspläne befragt.
Wie habt ihr euch auf dem Bürger eingelebt?
Oliver: Wir haben uns hier gut und vor allem sehr schnell (seit 1.Mai 2024) eingelebt, praktisch automatisch, da die Arbeit auf dem Hof direkt los ging. Von der Nachbarschaft wurden wir gut aufgenommen, daher fiel es uns auch einfach uns hier gleich zuhause zu fühlen.
Was waren die grössten Herausforderungen beim Umzug und Einleben?
Franziska: Da unsere vorherige Pacht bereits einen Monat bevor wir den Bürgerhof übernehmen konnten endete, gab es eine Überbrückungsphase. Diese war eher schwierig. Wir mussten einen Monat woanders leben. Unser Hab und Gut war zu diesem Zeitpunkt auf drei Orte verteilt und für die Kinder war es auch nicht einfach. Zwei Umzüge innerhalb von einem Monat ist schon eine Herausforderung. Zudem ist der Umzug eines ganzen Hofes inkl. Maschinen, Geräte und Tiere herausfordernder, als «nur» der Umzug eines Wohnhauses.
Was gefällt euch am besten an eurem neuen Zuhause?
Franziska: Ich schätze die Freiheit und den Spielraum, den wir nun haben für Projekte und auch kleinere Entscheidungen.
Oliver: Vorher waren wir angestellt und vieles war vorgegeben, nun können wir unsere eigenen Ideen umsetzen.
Franziska: Ich war bei der Zusage, dass wir den Hof übernehmen dürfen, überwältigt und konnte nicht glauben, dass es funktioniert hat. Oliver und ich haben schon in der ersten Zeit unserer Beziehung über unseren Traum gesprochen, später gemeinsam einen Landwirtschaftsbetrieb zu führen. Damals waren wir beide noch in anderen Berufen tätig. Mit der Übernahme der Pacht des Bürgerhofs wurde dieser Traum wahr.
Wie sieht ein typischer Tag für euch auf dem Hof aus?
Franziska: Einen typischen Tag gibt es in diesem Sinne nicht. Es hängt beispielsweise davon ab, ob die Kühe draussen auf der Weide oder drinnen im Stall sind. Wenn sie draussen sind, entfällt die meiste Arbeit im Stall. Ansonsten startet der Tag um 05:30 Uhr im Stall, es wird gemistet und die Tiere werden gefüttert, danach haben wir Zeit für unser Frühstück. Neben allen anderen Arbeiten wie Blacken stechen, Silieren, Heuen und Weidemanagement sind wir nach wie vor noch am Einrichten des Hofs, daher dauert alles etwas länger und es kann schon mal spät werden, bis der Arbeitstag endet.
Oliver: Dass es keinen typischen Tag gibt gefällt uns, wir müssen flexibel reagieren können, abhängig vom Wetter und der Gesundheit der Tiere.
Wie teilet ihr die Aufgaben untereinander auf?
Franziska: Aktuell übernehme ich vor allem die Aufsicht der Kinder und den Haushalt und Oliver erledigt die Arbeiten auf dem Hof. Unser Ziel ist es mittelfristig den Hof und die Kinderbetreuung untereinander aufzuteilen. Es gibt aber auch jetzt schon viele Arbeiten, die wir gemeinsam bewältigen oder uns abwechseln.
Was sind eure Lieblingsaufgaben auf dem Hof und warum?
Oliver und Franziska: Uns gefällt vor allem die Abwechslung. Die Arbeit mit den Pflanzen, Tieren, Maschinen, aber auch die Büroarbeit die ebenfalls dazu gehört. Ausserdem ist es immer wieder spannend, selbst Lösungen für Probleme zu finden, auf die man im Alltag stösst.
Wie haben sich eure Kinder hier eingelebt?
Franziska: Die Kinder lieben es. Sie wachen morgens auf und wollen direkt in den Stall und die Kühe füttern. Sie können sich stundenlang damit beschäftigen. Für sie ist es ein grosser Indoor-Spielplatz. Die Nähe zur Natur und die Tiere sind aus unserer Sicht perfekt, um Kinder beim Grosswerden zu begleiten.
Welche Rolle spielen eure Kinder im Alltag auf dem Hof?
Oliver: Bei Vielem können wir sie miteinbeziehen, sie sind sehr interessiert mitzumachen, im Stall und im Haushalt. Das ist sehr wertvoll, auch wenn die meisten Arbeiten so deutlich länger dauern.
Welche Tiere leben aktuell auf dem Bürgerhof?
Franziska: Aktuell leben 25 Mutterkühe und 22 Kälber sowie 6 Pferde, 13 Hühner, eine Katze und ein Hund bei uns.
Wie wurdet ihr von der Gemeinde aufgenommen?
Franziska: Von der Gemeinde wurden wir sehr gut aufgenommen. Es war auch bereits eine Schulklasse bei uns zu Besuch, trotz strömendem Regen. Wir möchten, dass die Leute zu uns kommen, die Türen stehen offen. Wir freuen uns über Besuche.
Habt ihr bereits neue Freundschaften in der Umgebung geschlossen?
Oliver: Die Anfangsphase ist intensiv und wir hatten noch nicht viel Zeit, viele Leute kennenzulernen, aber wir haben es gut mit den Nachbarn und können ab und zu mit Wanderern oder Velofahren ein Schwätzchen halten.
Welche langfristigen Ziele habt ihr für den Betrieb?
Franziska: Unser Ziel ist es, den Betrieb 2025 auf Bio umzustellen. Wir wollen mehr Ackerbau, speziell für die menschliche Ernährung, betreiben und auch mehr Menschen auf den Betrieb holen, in welcher Form wissen wir noch nicht genau. Weiter möchten wir auch die Direktvermarktung des Fleischs und anderer Produkte aufbauen.
Eines unserer aktuellen Projekte ist die Einholung der Bewilligung zur Durchführung von Hoftötungen. Wir haben bereits im Kanton Solothurn Hoftötung durchgeführt und sind damit vertraut. Mit der Hoftötung fällt der Lebend-Transport der Tiere zum Schlachthof weg, welcher für die Tiere ein grosser Stress-Faktor darstellt und somit auch Einfluss auf die Qualität des Fleisches hat. Für die Hoftötung kommt ein dafür spezialisiertes Unternehmen mit einem Anhänger auf den Hof. Die Tiere werden dann durch uns mit Futter in das Fressgitter gelockt. Dieses Locken muss geübt sein und fordert Vertrauen zwischen dem Tier und uns. Dieser Aufbau erfordert Zeit und manchmal auch Geduld. Da dem Tier auch die Umgebung im eigenen Stall bekannt ist und die Herde in der Nähe ist, ist es weniger gestresst. Für uns ist das ethisch die vertretbarste Variante Fleisch zu produzieren.
Was war bisher euer schönstes Erlebnis auf dem Hof?
Oliver: Für mich ist es das schönste jeden Tag zu sehen, dass unsere Kinder Freude haben und dass es in ihrem neuen Zuhause wirklich gefällt. Es ist auch schön, morgens sehr früh auf den Beinen zu sein, das Vogelgezwitscher zu hören und den Sonnenaufgang zu sehen.
Ansonsten ist es immer befriedigend, wenn eine grössere Arbeit zufriedenstellend abgeschlossen werden kann, beispielsweise das Silieren und Füllen des Fahrsilos, was drei strenge Arbeitstage sowie Wetterglück und Koordination mit einem Lohnunternehmen bedeutet. Wenn alles wie geplant funktioniert, ist das ein schönes Erfolgserlebnis.
Gibt es etwas, das ihr rückblickend anders gemacht hättet?
Franziska: Beim nächsten Mal würde ich versuchen mir weniger Sorgen im Vorfeld zu machen. Soweit läuft aktuell alles gut und seit wir hier angekommen sind, bin ich auch viel entspannter.
Was bedeutet es für euch und eure Familie, Teil dieses landwirtschaftlichen Betriebs zu sein?
Franziska: Für mich ist es das Grösste, dass die Kinder so aufwachsen können. Mit der Arbeit zuhause, sehen die Kinder die Eltern auch während der Arbeit und wir können uns so gegenseitig auch gut unterstützen. Für Familie und Kind ist es unserer Ansicht nach das perfekte Umfeld. Es bringt natürlich auch gewisse Risiken mit sich. So haben wir kein fixes Einkommen und sind wie alle Landwirte von vielen Faktoren abhängig, die wir nicht kontrollieren können.
Was sind eure grössten Wünsche für die Zukunft in Bezug auf das Leben auf dem Hof?
Franziska: Es wäre schön, wenn weitere Familien mit Kindern auf den Heitersberg ziehen würden und das Restaurant wieder eröffnen würde. Wir fänden es toll, Synergien mit dem Restaurant nutzen zu können.
Gibt es etwas, das ihr den Spreitenbachern und/oder näheren Nachbarn mitteilen möchtet?
Oliver: Der Name Bürgerhof trifft es gut, unsere Hoftüren stehen für die Bürger offen, wir freuen uns, wenn Interessierte bei uns vorbeischauen.
Franziska: Wir sind noch auf der Suche nach Freiwilligen. Wir organisieren ab und zu am Samstag einen Unkrautbekämpfungsmorgen. Da wir auf Bio umstellen wollen, ist Handarbeit gefragt. Wir gehen gemeinsam aufs Feld für die Arbeit und geniessen danach ein feines Zmittag auf unserem Hof als Dankeschön. Man braucht lediglich dem Wetter entsprechende Kleidung, falls vorhanden Arbeitshandschuhe und gutes Schuhwerk.
Haben wir dein Interesse geweckt? Der nächste Unkrautbekämpfungsmorgen findet am Samstag, 13. Juli 2024 um 09:00 Uhr auf dem Bürgerhof statt.
Meldet euch doch bitte bis zum Vorabend an. Unsere Kontaktdaten findet ihr auf